Edradour mit Neubau

Die ehemals kleinste Brennerei Schottlands expandiert

Lange Jahre, bevor der Trend zu Micro-Distilleries begann, galt die Edradour Brennerei als die kleinste Brennerei Schottlands. Ihre beiden Pot Stills waren so klein, dass sie nur knapp die gesetzlichen Anforderungen an die Mindestgröße von stationären Brennkesseln erfüllten. Kleine Pot Stills haben Vor- und Nachteile. Zum einen separieren sich die Alkoholdämpfe über die kurzen Hälse der Brennblasen nicht so stark, wie bei höheren Anlagen. Resultat ist ein kräftiger Rohbrand, wie er heute mehr und mehr von den Genießern verlangt wird. Das alte Mild & Mellow, das durch schlanke, hohe Brennblasen erzielt wird, ist heute etwas außer Mode gekommen.

Kleine Brennblasen bedeuten aber auch eine geringere Produktionskapazität gegenüber größeren Pot Stills. Zwar dauert ein Brennvorgang in einer kleinen Pot Still weniger lang, da weniger Alkohol abdestilliert wird. Doch wenn die Pot Stills von Edradour nur 20% des Inhalts üblicher, schottischer Brennereien aufweisen, so brauchen sie für die Destillation dennoch deutlich mehr als 20% der Zeit von den großen. Man erhält also nicht nur weniger Rohwhisky wegen der kleineren Pot Stills pro Batch. Man verliert auch Produktionskapazität durch nicht entsprechend eingesparte Zeit.

Edradour befand sich bis zum Jahr 2002 im Eigentum des Spirituosenkonzerns Pernod Ricard. Und wie es so in großen Konzernen ist, begann die kleine Marke Edradour so langsam aus dem Markt zu verschwinden. Konzerne können halt immer groß und selten klein. 2002 übernahm Andrew Symington, bekannt durch seine unabhängigen Signatory Vintage Abfüllungen, die Brennerei. Nach der Übernahme galt es erst einmal die Brennerei zu alter Bedeutung zurück zu führen. Neben der Optimierung der Qualität mit einer komplett neuen Mannschaft, wurden auch die Prozesse verbessert und die Lagerhäuser nebst Visitor Center ausgebaut. Kurz darauf wurden auch die vielen Tausend Fässer von Signatory Vintage in die erweiterten Lagerhäuser der Brennerei umgezogen. Heute ist die Brennerei mit seinen weiß strahlenden Häusern ein Schmuckstück der Industrie.

Nach 14 Jahren Betrieb war es dann soweit. Edradour baut seine zweite Brennerei auf der anderen Seite des Flüsschens. Oberhalb der alten Distillery entsteht ein neues Brennhaus. Direkt dahinter schließen sich Gär- und Mashhaus an. Weiter hoch den Fluss entstehen überraschend viele neue Lagerhäuser.

Um den Geschmack von Edradour nicht zu verändern, erhalten die neuen Brennblasen die exakte Größe und Form der alten. Dennoch steigt das mögliche Produktionsvolumen nicht nur aufs Doppelte sondern um etwa den Faktor 3 an, da der bisherige Engpass nicht an den Brennblasen, sondern an den fehlenden Gärbehältern für einen Dreischichtbetrieb lag. Edradour wird zwar nicht sofort auf Dreischichtbetrieb umstellen, aber dennoch die Produktion mit der neuen Brennerei zusätzlich aufnehmen.

Da Edradour nicht sofort seinen weltweiten Absatz verdoppeln kann, freuen wir uns auf die großzügig angelegten Lagerhäuser, in denen unserer Single Malt Whisky lange reifen kann. Hoffen wir, dass wir mit der neuen Produktionskapazität in Zukunft auch 15-, 18- und 21-jährige Edradour und Ballechin Whiskys sehen werden.

Die Arbeiten an den Gebäuden sind nahezu abgeschlossen. Die ersten Lagerhäuser nehmen bereits Whiskyfässer auf. Die Montage der Brennerei-Ausrüstung erfolgt bis zum Ende des Jahres. Mit etwas Glück sehen wir den ersten neuen Rohbrand noch im Jahr 2017 fließen.