Woher stammt der Alkohol in unserem Whisky?

Das Mälzen

Wer schon einmal den Klassiker 'Die Feuerzangenbowle' gesehen hat, weiß wie die alkoholische Gärung funktioniert. Heute wollen wir uns um die Vorgänge kümmern, die dieser alkoholischen Gärung vorausgehen.

Unser Trinkalkohol, chemisch als Ethanol bezeichnet, entsteht durch die Vergärung von Zucker mit der Hilfe von Hefen. Je nach Getränk stammt der Zucker aus verschiedenen Pflanzen. Cognac und Weinbrand werden aus Wein gebrannt. Der erforderliche Zucker wird vom Weinstock bei der Reifung der Trauben erzeugt. Obstler und Calvados werden meist aus Äpfeln und Birnen hergestellt. Auch hier stammt der Zucker aus den Früchten, die zunächst zu Apfelwein bzw. Cidre vergoren werden, bevor die Destillation erfolgt.

Der Alkohol im Whisky stammt dagegen nicht aus Früchten, sondern aus Getreide. Das ist eine der rechtlichen Voraussetzungen, damit sich das spätere Destillat international Whisky nennen darf. Doch im Getreide befindet sich kein Zucker sondern nur Stärke, wie wir sie vom Mehl kennen. Wie macht man daraus nun Zucker?

Stärke ist chemisch gesehen ein Polyzucker. Also eine mehr oder weniger lange Aneinanderreihung von Zuckermolekülen. Trennt man diese Moleküle in kurze Abschnitte auf, so erhalten wir den zur Gärung erforderlichen Zucker. Besonders die Einfach- und Zweifachzucker werden Sie von den Zutatenlisten unserer Lebensmittel kennen: Glucose (Traubenzucker), Fructose (Fruchtzucker), Lactose (Milchzucker), Saccharose (Rohr- und Rübenzucker) und Maltose (Malzzucker) sind die bekanntesten. Letzteren suchen wir für die Herstellung von Malt Whisky.

In der Blended Scotch und Bourbon Industrie werden extrem große Mengen an Zucker benötigt. Schottland, als größte Whiskynation der Welt, exportiert über eine Milliarde Whiskyflaschen pro Jahr. Bei der Erzeugung des Zuckers für diese Massenwhiskys und -whiskeys haben sich große Druckkessel (Getreide-Kocher) bewährt. Eine Abbildung solcher Kocher sehen Sie hier. Für die Erzeugung von Bourbon wird der Mais zwischen 30 Minuten und zwei Stunden bei rund 105 bis 115 Grad unter leichtem Überdruck in Wasser gekocht. Damit werden die Stärkestränge aufgebrochen. Es entsteht das gewünschte Zuckerwasser, das anschließend in die Gärbehälter (Fermenter) gepumpt und mit Hefe zur alkoholischen Gärung vermischt wird.

Gerste darf man lange nicht so stark kochen, da sie sehr temperaturempfindlich ist. Doch bei der Gerste bietet sich ein natürliches Verfahren an, das wir seit Jahrhunderten aus der Bierherstellung kennen: das Mälzen. Dazu wird das harte, trockene und haltbare Gerstenkorn zunächst für mehrere Tage eingeweicht, bis es sich mit Wasser vollgesogen hat. Dann breitet man die Körner rund 10 bis 15 cm stark auf einer ebenen Fläche, dem sogenannten Malzboden, aus. Diese Böden müssen gut belüftet sein, damit sich kein Schimmel bildet. Das Korn 'denkt' nun, es sei auf den Boden gefallen und beginnt zu keimen. Dabei findet ein besonderer, biologisch-chemischer Prozess statt.

Dem Korn dient die Stärke als Energiespeicher und Materialvorrat für das keimende Pflänzchen. Schließlich soll aus jedem Korn einmal eine stolze Pflanze mit Halm und Ähre werden. Dazu setzt das Gerstenkorn das Enzym Amylase frei, das die Stärke in Malzzucker aufspaltet. Aus diesem Malzzucker kann nun die Pflanze Energie beziehen und den Rest des Zuckers auf eine andere Weise wie bei der Stärke zusammensetzen und so Cellulose für Keim, Keimblätter, Halm und Wurzeln erzeugen. Ist dies einmal geschehen, kann sich die Pflanze über ihre Wurzeln selbst ernähren.

Der Trick beim Mälzen ist nun, die Unterbrechung des Keimvorgangs genau in dem Moment, in dem die Stärke durch das Enzym vollständig in Malzzucker umgewandelt wurde. Auf den Malzböden wurde dazu das Malz regelmäßig mit der Schaufel gewendet, damit sich in der Gerstenschicht keine Schimmelpilze entwickeln konnten und alle Körner zur selben Zeit den optimalen Umwandlungsgrad erreichten. Sie lesen an dieser Stelle die Vergangenheitsform. Diese Arbeit war sehr hart, denn schließlich mussten die Mälzer pro Tag viele Tonnen Malz wenden. Dabei bildete sich im fortgeschrittenen Alter durch die regelmäßig überlastete Schulter eine Skelettveränderung aus, die im Volksmund wegen der daraus resultierenden gebückten Haltung Monkey Shoulder (Affen Schulter) genannt wurde.

Glücklicherweise sind diese harten Zeiten bei der Whiskyproduktion schon eine ganze Weile vorüber. Heute halten stählerne Trommeln in Großmälzereien das Gerstenkorn ständig in Bewegung.

Nachdem das Gerstenkorn aufgeplatzt ist und sich der Malzzucker gebildet hat, muss das Malz mit Heißluft getrocknet werden, damit es bei der sich anschließenden Lagerung nicht, wie von der Natur gewünscht, in Cellulose verwandelt und der Keim zu groß wird. Auch sorgt die Trocknung für schlechte Lebensbedingungen für Pilze. Das so entstehende Malz ist in der Regel bis zu 8 Wochen haltbar.

In früheren Zeiten wurde das Malz nach dem Keimen über offenem Feuer in den Kilns mit ihren pagodenförmigen Dächern gedarrt. Und da Schottland damals eine sehr arme Gegend war, verwendete man als Brennmaterial für diese Darrfeuer den überall vorhandenen Torf. Wer einmal an einer der letzten Brennereien mit aktiven Malzböden vorbei gekommen ist, der wird sich auf immer an den intensiven Geruch dieser Torffeuer erinnern. Nebeneffekt dieser damals preiswerten Trocknung über Torffeuer war ein mehr oder weniger deutliches Raucharoma im fertigen Whisky. Ließ man das Torffeuer sehr heiß brennen, so bildeten sich bei der Verbrennung wenig Phenole und der Whisky blieb zartrauchig. Ließ man dagegen den Torf etwas feuchter und das Feuer erzeugte damit viel beißenden Dampf und Rauch, so schlugen sich rauchige Aromastoffe auf den kühleren Malzkörnern nieder. Ein aus solchem Malz gebrannter Whisky riecht extrem rauchig bis hin zum Medizinischen.

Mit aufkommendem Wohlstand in Schottland nahm die Verwendung des Torfs zum Trocknen des Malzes immer weiter ab. Nur draußen auf den Inseln, allen voran der Isle of Islay, blieb man dem Rauch im Trockenfeuer immer treu. Heute sind auch auf dem schottischen Festland die ersten Brennereien wieder für einen kleinen Teil ihrer Whiskys zur Torfrauchtrocknung zurück gekommen. Auch wenn man das Malz nicht mehr von Hand wendet, so zeigt der neuerliche Rauch im Whisky die beständige Suche nach den Ursprüngen in der Whiskyindustrie. Die Kunden danken es. Rauchiger Whisky ist 'en vogue'.

Der unterschiedliche Rauchgehalt kommt heute über eine schnöde Rauchspezifikation für die Großmälzerei in den Whisky. „Wie hätten Sie es gerne? 8, 15, 30 oder gar 50ppm?“ Die Stärke des Rauchs wird heute ganz einfach in Parts per Million (ppm) bei der Malzherstellung angegeben. Doch nur ein Bruchteil der rauchigen Substanzen aus dem Torf landet am Ende auch wirklich in der Whiskyflasche. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, die ich in den kommenden Monaten erzählen werde.